Projekt auf der Überholspur

Baustelle auf der Autobahn. Davor ein Stau. Dann mit Schleichfahrt durch die Baustelle. Viel Zeit, sich die Baustelle anzusehen. Auf dreißig Kilometer irgendwo auf der A7 zwischen Seesen und Göttingen eine Handvoll Baumaschinen. Keine bewegt sich. Menschen sieht man nur in den Fahrzeugen vor und hinter sich. Alltag auf deutschen Autobahnen oder Ausnahmefall BAB A7?

Spulen wir noch mal gedanklich zurück: Bevor die Baustelle beginnt, gibt es erst einmal so ein bekanntes Schild.

Meine Erwartungshaltung steigt. Ich will was sehen, vor allem, dass es voran geht und ich bald wieder schneller und besser unterwegs bin. Warten ist eher nichts für mich.

Und es passiert nichts auf der Baustelle. Nix bewegt sich. Und wenn sich was bewegt, sind das Einzelaktionen auf vielen Kilometern.

 

Projekte

Das erinnert mich an Projekte oder große Veränderungsinitiativen. Die werden überwiegend groß angekündigt. Vielleicht sogar mit Slogans, Postern oder in Hauszeitungen.

Das mag alles richtig sein. Es schürt die gleiche Erwartungshaltung, die ich auf der Autobahn verspüre. Und wenn nichts passiert, entsteht bei Mitarbeitern, Management und Stakeholdern die gleiche Ungeduld. Die Aufbruchstimmung ist schnell weg. Schade. Frust setzt ein.

Dabei wäre es doch so einfach. Erst einmal genau definieren, was man will. Scope nennt man das landläufig. Und hiermit meine ich nicht die High Level-Definition, wie man sie in Management-Meetings sieht.

Aus der Sicht der Geschäftsleitung muss es doch eine Beleidigung sein, wenn man nur PowerPoint-Folien sieht. Am besten schön einfach gehalten. Halten die Ersteller einen für blöd? Oder ist schnell-schnell die Tugend der Stunde?

Gerade, weil es doch in der Regel um Millionen geht, muss ich doch schon etwas genauer wissen, um was es geht. Es käme doch auch niemand auf die Idee, ein Wohnhaus mit Grundstück in attraktiver Lage unbesehen auf der Basis-Beschreibung a la dänischem Ferienhaus zu kaufen? Und im deutschen Management liest man sich nicht ein, wenn es um eine große Entscheidung geht? Fordert man keine detaillierten Unterlagen ein?

Wenn meine Beobachtung und die zahlreichen Studien über fehlgeschlagene Projekte und Studien richtig ist, ist der fehlende Management-Support Grund Nummer Eins für zu teuer, zu lange und Scope nicht getroffen. Warum? Weil erst auf der Basis der PowerPoint-Vorlage ein Projektauftrag erstellt wird. Das dauert seine Zeit. Die Freigabe ebenso, denn das Management hat – Achtung – damals ein Projekt auf einer dürren Basis freigegeben und jetzt werden neue Runden gedreht bei einem in der Regel nicht angepassten Liefertermin. Über die Verfügbarkeit von Mitarbeitern für die Erfüllung des Projektauftrags macht man sich erst jetzt ein paar Gedanken. Damit ist das Projekt genau in diesem Augenblick schon rot.

 

Zurück auf der Autobahn-Baustelle

Ich bin auf den Weg Richtung Norden. A7, ich sehe keine Veränderung. Seit November 2018. Statt dessen habe ich in der Baustelle im Verkehrshindernis einen Blitzer-Anhänger gesehen. Die einzige Veränderung ist ein Blitzer-Anhänger?!

Macht die Straßenbau-Verwaltung auch eine Präsentation für die Geldgeber und druckt als erstes das obige Schild? Erst dann kümmert man sich um Mensch, Maschine und Material sowie Stückliste Bauplan. Ist das vielleicht der Standard in Deutschland und ich erwarte einfach zu viel? Wichtig aber, Strafen zu erfinden.

Nicht dass Sie mich hier falsch verstehen: Das Risiko, im Beruf zu sterben ist für einen Mitarbeiter der Autobahnmeisterei und für die Bauarbeiter auf der Autobahn wesentlich höher als für Interim-Manager wie mich. In Baustellen zu rasen ist erst einmal für Dritte gefährlich. Punkt.

Es geht um Ankündigungen, dann kommt nichts und dann wird es bitter.
Vertrauen bleibt auf der Strecke.

Könnten wir nicht einfach unseren gut Job machen und nur qualitativ hochwertiges an die nächste Stelle im Prozess weiterreichen? Unser Job wäre so viel einfacher und vieles ginge schneller.

Nacharbeit und Warten – zwei der acht großen Verschwendungsarten. Finden Sie jeden Tag in Deutschland. Bei der A7 kann ich nichts machen. Im Management schon.

 

Ihr

John Persch

 

PS: Das im Straßenbau es auch anders geht, zeigen prämierte Projekte der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement, z. B. Wunder vom Gotthard

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