Fahnenmast, Besen oder Reißleine?

Kennen Sie das? Sie sind Betroffener eines Fehlers oder leiden unter einem Problem Ihres Dienstleisters, Herstellers oder der vorgelagerten Abteilung. Jeder hat hier so seine Erfahrungen gemacht. Oft ist es für einen Lacher gut. Oder es kann lebensbedrohlich werden, wenn z. B. der Arzt im Krankenhaus Sie mit einem falschen Namen anredet. Das Gleiche in der Industrie: Falsches sicherheitskritisches Bauteil.

Fehler? Bei uns nicht. Bei uns läuft alles gut!

Was macht man, damit der Fehler nicht wieder auftritt? Nichts, dafür sind wir weder zuständig noch ist das unsere Aufgabe. Ich ordne das der Kategorie „Probleme werden unter den Teppich gekehrt“ zu. Fehlerlösung mit dem Besen. Nichts passiert, irgendwann ist ein Haufen Probleme unter dem Teppich zusammen gekommen und man wundert sich, wenn die Kunden nicht mehr kommen.

Die andere Möglichkeit ist, den Schuldigen im Unternehmen am Fahnenmast hochzuziehen. So, das es alle anderen sehen können. Fingerpointing. „Du, hast Du schon gehört, die anderen haben wieder …“

Neulich war ich in der Produktion eines tollen Unternehmens unterwegs. Leider wurde dort in der Konstruktion über Copy&Paste soviel Murks an den Prozess übergeben, dass die Mitarbeiter richtig sauer auf „die da oben“ waren. Die wollten den Verantwortlichen in die Produktion holen, damit er sieht, was er angerichtet hat. Modell „Fahnenmast“. Löst nur leider auch kein Problem, ebenso wenig wie Federn und Teeren.

In beiden Fällen – Fehlerlösung bei Besenstiel oder Fahnenmast – wird Gleichgültigkeit die Folge sein. Zuständige lassen sich gar nicht finden. Im obigen Beispiel erzählten mir die Mitarbeiter, wie oft sie sich beschwerten, Reports ausfüllten usw. und nie änderte sich etwas. Sogar ein Kennzahl-Board wurde eingerichtet.

Es gibt noch die dritte Möglichkeit. Andon-Board oder Andon-Chord. Das Board bzw. die Anzeige visualisiert einen Fehler. Es leuchtet etwas auf. Ein Betriebsrat war ganz erschrocken: „Was, Sie wollen da ein Blinklicht installieren, das auf Fehler aufmerksam macht? Das geht nicht!“

Doch, und dazu noch eine Hupe, damit man es wirklich merkt! Das Andon-Chord oder die Reißleine stoppt den Prozess und man hat Zeit, nein, man nimmt(!) sich die Zeit, sich um die Lösung des Problems zu kümmern.

Ich erinnere mich an eine Erzählung von vor ungefähr 25 Jahren, dass man bei Jaguar mehrere Leute beschäftige, um ein fertiges Auto tagelang auf Qualitätsfehler zu testen. Bei Toyota sei die Qualität im Prozess. Eben das Prinzip der Reißleine. Wie gesagt, eine Erzählung. Aber man vergleiche Toyota und Jaguar heute.

Nur eben Reißleine ziehen ist auch keine Strategie. Wie geht man dann vor? Wie wird der Fehler analysiert, Verbesserungen eingearbeitet und alle Beteiligten unterrichtet? Es handelt sich hier um eine Frage der Kultur. Eine Fehler-Erkennen-und-Verbessern-Kultur. Die von allen Hierarchie-Ebenen gelebt sowie vor allem vom Management sichtbar praktiziert und gelehrt wird. Diese Kultur der positiven Veränderung fängt durch das vorbildliche Verhalten der Führungskräfte an.

Stellen Sie sich ein Mobile vor. So eines, was oft über Babybetten hängt. Stupst man eines an, fangen alle anderen Teile des Mobiles mit dem Schwingen an. Hier handelt es sich um ein zusammenhängendes System.

Auch Fehler erkennen (dürfen), den Prozess anhalten (dürfen und müssen) sowie nach Lösungen suchen (sollen, machen, dürfen, können und wollen) ist in der Systemfrage zu beantworten. Wenn die Mitarbeiter bisher streng arbeitsteilig nichts durften und Denken als die Aufgabe des Managements angesehen wurde, ist der Wechsel erklärungsbedürftig.

Sollen, machen, dürfen, können, wollen. Was sind für Sie Bausteine einer erfolgreichen Kulturveränderung?

Ihr

John Persch

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