Automobil-Zulieferer – quo vadis?

Kurzarbeit wegen fehlender Elektronik-Bauteile, weniger PKW-Neuzulassungen in China und Deutschland. Der Tunnel mit dem Licht am Ende wird immer länger. Was müssen Zulieferer jetzt dringend unternehmen?

China hat den deutschen Automobil-OEM in 2020 den Hals gerettet. Das stand zum Beispiel in der Süddeutschen Zeitung vom 25.09.2020. Ich habe die Meldung gelesen und Corona als gar nicht so bedeutend für den Automobil-Bereich abgetan. Auch die Veröffentlichungen der Unternehmen deutet darauf hin, dass alles in Ordnung ist. Bei der Besprechung eines Interim-Mandates ging es um den Abbau von Mitarbeitern im einstelligen Prozentbereich. Allen geht es gut, von Herausforderung oder Krise ist nicht einmal zwischen den Zeilen zu lesen.

In dieser Woche sind Meldungen reingekommen, die mich zu Fragen anregen und den Optimisten in mir kräftig schwanken lassen. Automotive Zulieferer, wo geht die Reise jetzt hin? Auf § 43 GmbHG nehme ich im letzten Absatz Bezug.

  1. Minister Altmeier rechnet mit Insolvenzen (14.01.2021)
  2. Statista vom 11.01.2021: Neuwagenzulassungen in Deutschland sinken 2020 um 19,1%
  3. Manager-Magazin titelt am 11.01.2021: Chinas Automarkt sinkt das dritte Mal in Folge
  4. Bloomberg vom 14.01.2021– Die Abwesenheitsrate bedroht die Stabilität in der amerikanischen Lieferkette
  5. China – neuer Lockdown in Hubei sowie Bericht der Zeit u. a. zu Kurzarbeit bei Audi, VW und Hella (Link zur Zeit)

Lassen Sie uns das mal von Punkt fünf aufrollen. Die chinesischen Lieferanten bekamen im ersten Lockdown ihre Waren nicht aus dem Land. Entweder standen die Container im Hafen, wurden nicht verladen oder sie innerhalb Chinas nicht transportiert. Im Hamburger Hafen stapelten sich die Container, der Lagerplatz wurde im Frühjahr sehr eng. Charterflugzeuge mit Bezahlung bei Buchung lösten die klassische Luftfracht im Bauch eines Passagierflugzeugs ab. Letzteres ist wichtig für die Finanzplanung. Kommen die Probleme in der Lieferkette und damit für die Finanzplanung jetzt wieder? Bei den Zulieferern der Automobil-Branche für Elektronik-Bauteile scheint der Lieferengpass auf einem Strategiewechsel zu liegen – weg von der Automobil-Branche hin zur Unterhaltungselektronik. Ich bleibe hier im Konjunktiv. Auswirkungen auf die Zulieferer wird das auf jedem Fall haben. Denn wenn Bänder wegen eines Bauteils stehen, werden andere Teile der Stückliste entsprechend weniger bestellt.

Businessweek (Ziffer 4) berichtet, dass die Abwesenheitsrate der amerikanischen Arbeiter bis zu 25% beträgt. Ok, ist Amerika, die haben ja ganz andere Infektionszahlen. Gleichzeitig fordert Herr Wieler vom Robert-Koch-Institut (RKI) auch am 14.01.2021 einen härteren Lockdown, während die Verbände sich jetzt schon mal in Stellung bringen. Ist da etwas im Busch, was der gemeine deutsche Bürger noch nicht weiß? Kommen wir in einen echten Lockdown mit der Ansage, dass wir alle zu Hause bleiben sollen? Also keine Fahrt zur Arbeit und kein gemeinsamer Plausch in der Kaffee-Küche mit Gesichtsmaske?

Quelle: Tweet Businessweek vom 14.01.2021

Diese Fragen sind aus der deutschen Sicht formuliert. Das Elend in Großbritannien mag ich mir gar nicht vorstellen, rund um Deutschland sind die Intensivbetten eigentlich belegt. Wir wissen auch nicht, wie sich Mutationen aus Großbritannien, Südafrika oder was demnächst sich irgendwo entwickelt, für uns auswirken werden. Also darf ich vermehrte Unsicherheit an dieser Stelle feststellen?

Komme ich zum Manager-Magazin (Ziffer 3) vom 11.01.2021:

“Der für die deutschen Autobauer immens wichtige Automarkt in China ist im vergangenen Jahr zum dritten Mal nacheinander geschrumpft. Die Verkäufe von Autos an Endkunden fielen um 6,8 Prozent auf 19,6 Millionen Fahrzeuge, teilte der Branchenverband PCA (China Passenger Car Association) am Montag (11.01.2021) in Peking mit.” Weiter heißt es: “Der chinesische Markt ist mit Abstand der wichtigste Einzelmarkt von Volkswagen (inklusive der Töchter Audi und Porsche) sowie Daimler und BMW. Bereits 2018 und 2019 war der Markt nach Jahrzehnten des Wachstums geschrumpft.”

Quelle: Manager-Magazin (Link abgerufen am 14.01.2021)

Jetzt komme ich doch ins Grübeln. Erst alles gut in 2020, dann doch schrumpfender Markt in China? Zusätzlich sanken die deutschen Pkw-Neuzulassungen um 19,1% im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr. Volkswagen, Audi und Opel hat es überdurchschnittlich getroffen. Gleichzeitig hängen die Hersteller von konventionell betriebenen Fahrzeugen in der Strukturkrise. Drohen Verbrennungsmotoren auf dem europäischen Markt ein Fossil zu werden?

Quelle: https://de.statista.com/infografik/22416/veraenderung-der-pkw-neuzulassungen-in-deutschland-nach-marken/

Quelle: https://de.statista.com/infografik/24016/pkw-neuzulassungen-in-den-weltweit-groessten-maerkten/

Ich frage mich, wie eine Bank beim Zusammenzählen der öffentlichen Informationen reagiert? Welcher Kredit ist da eigentlich noch sicher? Gleichzeitig weiß ich, dass die ersten Banken bei zwei Verlustjahren in Folge die Bearbeitung vom Firmenkundenbetreuer in die Marktfolge / Credit-Care-Abteilung eskalieren und ein Sanierungsgutachten nach IDW S6 fordern. Achtung Geschäftsführer! Sie sollten vorher schon fähige Interim-Manager an Bord holen, die das Unternehmen nach Optimierungspotential durchleuchten.

Was heißt das jetzt für Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen? Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden (§ 43 Abs. 1 GmbHG). Geschäftsführer, die ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden (§43 Abs. 2 GmbHG).

Hieraus leitet sich die Verpflichtung ab, die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft fortlaufend zu überwachen. Dies gilt in besonderem Maße in Krisensituationen. Ich kann trotz allem verbreiteten Optimismus nicht erkennen, wo Zulieferer im Automotive-Bereich bei Krise nicht betroffen nicken. Oder will man die Krise nicht erkennen? Aber dann wären wir wieder bei der Obliegenheitsverletzung nach §43 Abs. 2 GmbHG.

Die Aufstellung einer integrierten Finanzplanung ist aus den Erfordernissen des § 43 GmbHG unerlässlich. Die wirtschaftliche Entwicklung müssen Geschäftsführer prognostizieren, um Planabweichungen früh zu erkennen. So weit so gut. Prüfen Sie bitte die Annahmen! Die deutsche Wirtschaft soll um rund 5% wachsen, davon gehen die Institute aus und im Kleingedruckten geht man von der Beherrschung der Corona-Krise aus. Nur, was passiert, wenn ein echter harter Lockdown kommt? Was passiert, wenn Herr Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier Recht behält und es zu einem dramatischen Anstieg der Insolvenzen in den nächsten Monaten kommt? Dann müsste man doch davon ausgehen, dass die Kauflaune für neue Fahrzeuge sich allein aus der Unsicherheit über die weitere Entwicklung zurückhält?

In der Finanzplanung müssen Sie die Szenarien Rückgang der Aufträge sowie Ausfall von Lieferanten berechnen. Bis zu welcher Auslastung erzielt das Unternehmen noch Gewinn? Reicht die Liquidität aus? Was macht man mit dem Wettbewerb? Oder der Wettbewerber mit uns? Wird es einen Preiskampf um rare Aufträge geben?

Jetzt ist die beste Zeit, diese Fragen zu diskutieren und höchste Zeit, sich strategisch mit der Zukunft auseinander zu setzen. Ausgehend vom wahrscheinlichsten Szenario, müssen eben auch Worst-Case-Szenarien in der Finanzplanung berechnet werden. Diskutieren Sie zum Beispiel über Risiken wie die Abnahmeverpflichtung für Vorleistungen bei sinkendem Absatz oder einem weiteren Einbruch der Nachfrage durch die OEM?

Ich empfehle Ihnen auch dringend, die Abweichungen von der Ausgangsplanung kritisch zu hinterfragen und Ursachen und Folgen zu analysieren. Mein Erfolgstipp ist, die Budgetplanung für das Jahr als Basis zu nehmen, die um den rollierenden Forecast sowie die tatsächlich eingetretenen Zahlen ergänzt wird. So haben Sie die Basis gelegt, besser zu werden, wenn Sie die Ursachen hinter den Bewegungen verstehen und die Folgen mit der rechtzeitigen Ausführung von Gegenmaßnahmen mindern.

Budget-Forecast-Actuals geht über den Plan-Ist-Vergleich hinaus. Denn Sie als Geschäftsführer schauen wöchentlich für mindestens die nächsten 13 Wochen den Plan mit seinen Abweichungen an. Standard-ERP-Software ermöglicht Ihnen einen genauen Blick in die Glaskugel, wann welche Ein- und Auszahlungen in der Zukunft zu erwarten sind. Bei Auszahlungen werden im regelmäßigen ERP-Lauf die Bestellungen aufgrund von geänderter Auftrags- und damit der Bestandslage angepasst. Liquiditätsentwicklungen können Sie sich auch grafisch als Trend anzeigen lassen. Das ist wichtig, da Sie die Zahlungsfähigkeit in der Krise ständig im Blick haben müssen.

Es gilt: Ursachen erkennen, Gegenmaßnahmen jetzt implementieren. Denn nur machen macht erfolgreich!

Scroll to Top

The only way not to be eaten by sharks is transforming into a shark!”

Sie möchten mehr über meine Ideen & Ansätze erfahren?

Dann lassen Sie uns sprechen.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner